Die Mannesmann-Autos
Zwischen 1920 und 1930 wurden in Remscheid-Bliedinghausen Automobile der Marke Mannesmann gebaut. Vom Sportcoupe bis zur Reiselimousine mit Achtzylindermotor reichte das Angebot. Vor allem bei Autorennen sorgten die Fahrzeuge für Aufsehen. Schon seit einigen Jahren bemühen sich Interessierte, Überreste dieser Fahrzeuge aufzutreiben - bisher leider ohne Erfolg...
Dr. Heinz Mannesmann in einem Cabrio W II
In einem Brief vom 12. Oktober 1899 schrieb Reinhard an seinen Bruder Max:
" Die Armeen fangen jetzt an, die Aotomobile einzuführen. Ich bin absolut
der Ansicht, daß der Brennpunkt der nächsten 10 Jahre das Automobil sein
werden..."
Ende 1910 übernahemn die Brüder den gesamten Aktienbesitz der Aachener Motoren-und
Lastwagen AG. Max wurde technischer Leiter und Ende 1913 erhielt die Firma
den Namen "Mannesmann-Mulag". Im 1. Weltkrieg lieferte das Untermehmen Panzerwagen,
Flugmotoren und Lastwagen fast ausschließlich für den Heeresbedarf.
Nach Ende des 1. Weltkrieges wurde die Mannesmann Waffen- und Munitionsfabrik
in der Lempstraße in Remscheid, die vor dem Krieg mit 4000 Mitarbeiterndas
Gas-Hängeglühliche auswertete, wieder auf zivile Produktion umgestellt.
Neben der Herstellung von Tiefkühlschränken begannen die Brüder Reinhard,
Carl und Alfred mit der Reparatur von im Krieg beschädigten LKW und deren
Umrüstung für den zivilen Gebrauch. Bald darauf befaßten sie sich auch mit
der Entwicklung eines Automobils:
"Die Automobilabteilung liefert ein Kleinauto mit einem 4-Zylindermotor von
4/16PS, ferner den Mannesmann-Viersitzer mit einem 6-Zylindermotor von 6/24PS.
Die Wagen sind solide gebaut, sehr bequem, äußerst leicht und einfach zu
bedienen. Der Brennstoffverbrauch und die Abnutzung sind denkbar gering.
Sie eignen sich als Luxuswagen für Sport-und Naturfreunde ebenso wie als
Gebrauchswagen für Ärzte, Beamte, geschäftsreisende Ingenieure usw." So wird
das Auto im Werbetext der Mannesmann-Motoren-Werke der Dari-Serie "Deutschlands
Städtebau" 1922 im Band Remscheid angepriesen.
Dieser Wagen wird als W I bezeichnet, ihm folgte ab 1923 der W II 5/20 PS,
"ein für jedes Gelände geeigneter Gebrauchs- und Lxuswagen. ER läßt sich
sehr rasch beschleunigen, was ihn im Großstadtverkehr besonders schmiegsam
macht. Dabei ist sein Brennstoffverbrauch gering." Dieser Wagen wurde mit
seinem 25PS-Motor und wurde ein erfolgreciher Rennwagen. Der 3,35m lange
und 1.46m breite Wagen verbrauchte laut Prospekt 8l/100km und erreichte 90km/h
in der Spitze.
Die Entwicklungsarbeit für dieses Fahrzeug war allerdings mühselig. So liest
sich eine Notiz von Carl Mannesmann vom 27.9. 1920 wie folgt: " Das Kein-Auto
ist aus Westhoven von dem Führer Drexelius von Mulag Westhoven in Begleitung
meiner beiden Söhne nach Remscheid geführt worden. Hierbei ist fast der gesamte
Mechanismus des Wagens schwer beschädigt worden, weil die ganzen Teil zu
schwach onstruiert sind. Die Fahrt von Westhoven nach hier hat von morgens
1/4 11 Abfahrt in Westhoven (bei Köln) bis 1/4 4 nachmittags Ankunft in Remscheid
gedauert..."
Daraufhin wurde beschloßen, das Auto in Dauertouren zu testen, um es ständig
verbessern und alle Schwachstellen beseitigen zu können. Als diese Versuchs-
und Entwicklungspahse abgeschlossen war, konnte das Auto vergleichbaren Kraftwagen
durchaus Konkurrenz machen. Robert Felten errang als Mannesmann-Lizenzrennfahrer
1925, 1926 und 1927 die Deutsche Tourist-Trophäe beim Eifelrennen mit diesem
Wagen.
Bis 1927 wurden rund 2000 Wagen des Typs W II in Renscheid gebaut. In diesem
Jahr wurde mit dem Bau eines repräsentativen Großautos begonnen. Dieses Remscheider
"Traumauto" wurde mit einem Maybach-Schnellgang-Getriebe und Ölkühlung ausgelifert.
Die Karosserie kam von Karmann in Osnabrück. Es wurde als 4sitziger Sportwagen,
als 2sitziges Cabriolet, als 4-5sitziges Cabriolet oder Limousine sowie als
6-7sitzige Pullmann-Limousine.
Doch der Wagen blieb ein "Traumauto", fehlende Qualität der Lieferanten,
Fehlkalkulationen sowie die Weltwirtschaftskrise führten schließlich dazu
daß das Werk 1929 Konkurs anmelden mußte. Auch das Mulag-Lastwagenwerk konnte
sich nicht halten. Die meisten Techniker fanden bei den Ford-Werken in Köln
neue Arbeit. Das Kapitel Automobil-Bau in Remscheid war somit geschlosssen.